Reisebericht 2017
03.03.17
Obwohl ich jetzt bereits - seit 2002 - viele Jahre nach Bolivien fliege, ist es immer wieder ein bisschen eine Aufregung für mich, obwohl alles gut gehen wird ... Flug und Zoll mit dem Übergepäck ... die Situation dort ist auch nicht immer ganz so sicher, und mit zunehmendem Alter wird diese Sorge nicht besser. Trotzdem, wenn ich dann schon einmal im Flieger bin, beruhigt es sich ein bisschen.
Es geht wieder von Innsbruck über Frankfurt, Sao Paolo nach Santa Cruz. Das Übergepäck wird dankenswerterweise wieder ohne Aufzahlung eingecheckt, zwei Koffer zu jeweils 23 kg, oder auch ein bisschen mehr ... voll mit Geschenken für die Kinder und Freiwilligen dort - sie werden sich riesig freuen. "Meine Damen" haben alles mit viel Liebe vorbereitet und in Klarsichtfolie eingepackt, damit es beim Zoll keine Probleme geben sollte. Dazu kommen noch Geschenke von Privatpersonen ... ich nehme mit, was geht. Meine Habseligkeiten haben im Handgepäck Platz ...
Die Flüge starten pünktlich. Beim Flug von Frankfurt nach Sao Paolo gibt es in der Nacht ziemliche Turbulenzen, sodass alle aufwachen, doch es geht dann alles gut. Nun geht es von dort nach Santa Cruz. Drei Stunden trennen mich noch vom Ziel. Die Aufregung steigt, nicht so sehr wegen der Menschen die mich dort erwarten, da freue ich mich, viel mehr, ob es beim Zoll wohl keine Probleme geben wird ...
Ich schalte mein Handy ein und werde von den draussen stehenden Personen, die mich abholen, bereits per whatsapp begrüsst. Dann heisst es wieder anstehen zur Kontrolle. Nach einer Stunde komme ich dran: Wie lange ich bleibe, was ich hier mache ... dann noch eine Fotokopie vom Pass, ein Foto von mir ohne Brille ... endlich darf ich weiter. All mein Gepäck ist bereits da. Jemand kommt mit einem Wagen, um mir zu helfen, nicht etwa aus Respekt vor meinem Alter, sondern weil er natürlich ein paar Bolivianos erwartet ... Dann geht es durch den Zoll, glaubte ich. Ich mache ein freundliches Gesicht, eine jüngere Dame lässt sich davon aber nicht so recht beeindrucken. Ich erkläre den Grund für mein Übergepäck: alles Geschenke und so, eine Fundation ... Als erstes muss ich noch einmal den Zettel für den Zoll neu ausfüllen - ich hatte ja "nichts zum Verzollen" angegeben, ich muss aber unten " Geschenke" ausfüllen, also alles noch einmal. Dann begleitet sie mich durch den "Zollbogen", und dort erwartet mich eine weitere Dame, die mich noch genauer unter die Lupe nimmt und lauter Fragen, warum so viel, wofür ... stellt. All mein Charme nützt nichts, jemand kommt um ihr zu helfen. Beide Koffer werden aufgemacht, zudem noch das Handgepäck. Was ist das? Wozu ist das? Damit meint sie meine mitgenommenen Feuchttücher. Die Geschenke sind ja mit durchsichtigem Papier verpackt. So viel? Ich versuche, alles noch einmal zu erklären, biete ihr auch an, eines der Geschenke haben zu können, wollte sie aber nicht bestechen. Sie lehnt auch ab. Hab eine Liste von den freiwilligen Mitarbeitern mit und verweise auf die Gruppe, die mich draussen bereits erwartet. Diese winken ja schon lange, wenn zwischendurch die automatische Tür aufgeht. Ich biete auch an, dass jemand von draussen als Zeuge hereinkommen könnte. Letztendlich ist sie dann doch von meinen Erklärungen überzeugt, die Koffer werden mühsam wieder verschlossen, dann bin ich durch.
Draussen ein herzlicher Empfang von Hna. Rosa Maria, Katheryne, Daniel, Bany, Dr. Jorge, auch seine Frau ist gekommen, mit ihren beiden Töchtern ... erst jetzt merke ich so richtig die Schwüle ...
Der Chauffeur lädt die Koffer ein, wir fahren mit zwei Autos weg vom Flughafen. Auf dem Weg in das Zentrum werden wir aufgehalten, ein bloqueo ... Es ist aber nicht die Polizei, sondern etwa 40 oder 50 Jugendliche einer Gruppe um Rosa Maria, die mich mit Tänzen und Musik, begleitet von Trommeln, begrüssen. Die Überraschung ist gelungen. Dazu gibt es "chicha", ein Maisgetränk ... Nach einiger Zeit geht es weiter. Die Jugendlichen werden mit ihrem Bus wieder zurückgebracht, ich fahre mit den anderen. Anschliessend gibt es Mittagessen bei den Schwestern: pollo al picante, dazu ein Glas Rotwein ...
Hinterher werde ich in meine Unterkunft gefahren, das reservierte Zimmer ist auch mit allen möglichen Willkommensüberraschungen vorbereitet. Eigentlich wollte ich mich ein bisschen zurückziehen und ausruhen, doch es warten unten schon Einige, die auch gekommen sind um mich zu begrüssen. Erst spät geht es ins Bett. Die vielen Gedanken und Erlebnisse lassen mich nicht schlafen, dazu noch eine Katze im Innenhof, welche die ganze Nacht hindurch wie ein kleines Kind schreit ...
05.03.2017
Bin schon früh auf, trinke einen Kaffe, einen löslichen Nescafé ...
Um 9.00 Uhr geht es dann mit den ersten Besprechungen los. Ich wollte eigentlich am Nachmittag frei haben um einige Dinge zu organisieren, doch das spielt sich nicht. Viele Gespräche ... alle haben sooo viel Zeit ... ich kann nur zuhören und habe oft das Gefühl der Ohnmacht. Immer wieder drängt sich mir der Gedanke auf: Was machst du da überhaupt? Doch so geht es mir jedes Jahr zu Beginn ... ich kenne das schon, da muss ich durch ...
Am Abend gönne ich mir dann eine kurze "Auszeit", setz mich auf die kleine Terrasse vom "Lorca" mit Blick auf die "plaza". Es ist schwül, gefühlte tausende Menschen tummeln sich auf dem Hauptplatz, ich trinke ein Bier, " una huari" ... das schmeckt so gut, selten gut!
06.03.2017
Die Nacht war nicht wirklich besser, nicht nur wegen der wieder schreienden Katze.
Der Kaffee schmeckt gut, um 9.00 Uhr werde ich abgeholt. Wir besuchen die "guarderia". Den Zubau haben wir 2015 eingeweiht. Die Kinder freuen sich über den Besuch, das ist für sie eine willkommene Abwechslung. Hier ist noch viel Platz ... der Bau des Kindergartens ist da geplant - unser nächstes Projekt, darüber aber morgen mehr.
Anschließend geht es weiter zur Besichtigung der Grundschule, die wir finanziert haben. Die Einweihung sollte am Dienstag stattfinden. Es ist ein gelungener Bau. Die Schüler sind bereits drinnen, ich muss bei allen Klassen vorbeischauen. Draussen regnet es in Strömen, es ist ja gerade Regenzeit. Der Platz steht komplett unter Wasser. Die "Strassen" oder besser die Wege draussen sind ebenfalls überschwemmt ... da wäre es besser, wenn man "Schlapfen " trägt und keine Schuhe wie ich ... Ich lass mir nichts anmerken, es wird ja alles wieder trocknen ...
Der Bau kostet etwas mehr als vorgesehen. Ich lasse mir alles erklären, es ist nachvollziehbar und ist ja auch gar nicht so viel.
Dann geht es wieder zum Wohnsitz der Schwestern. Heute gibt es mein Lieblingsgericht "majadito", ein Reisgericht mit Fleisch, Spiegelei und "platano", eine gekochte Banane. Nach einer kurzen Mittagspause geht es weiter. Geplant ist das Gespräch mit dem Architekten ... er hat den Plan für den Kindergarten. Alles sollte ca. eine Stunde dauern. Dabei sind Hna. Rosa Maria, Richard, einer von der Bauaufsicht, der Architekt Ruber und ich. Am Plan gibt es Einiges auszusetzen, zuviel Platz wird vergeudet und der Preis ist zu hoch. Ich gebe ihm zu verstehen, dass das so sicher nicht geht. Er beruhigt mich und wird in drei Tagen mit einem neuen Kostenvoranschlag kommen. Er weiss natürlich, dass wir bereits zwei weitere Angebote haben, weiss aber nicht, dass diese zwar billiger aber überhaupt nicht durchführbar sind. Die Pläne werden alle unabhängig und ohne das Beisein der jeweils anderen besprochen. Eine Architektin hat anstelle der acht vom Staat geforderten Aulen nur sechs vorgesehen, zudem hat sie "vergessen", die Nasszellen einzuplanen ... sonst gefällt mir das Projekt gut. Morgen um 8.00 Uhr haben wir noch ein Gespräch mit ihr ... Guerry, der dritte Architekt, meint es mit dem Preis gut, doch der Plan weist viele Mängel auf.
Wir werden sehen. Kurz vor meinem Abflug werden wir noch einmal alles besprechen, um den Bau dann sofort in Auftrag geben zu können. Die Bauzeit berechnen sie mit 10 Monaten.
Aus der vermeintlichen Stunde sind es fast vier geworden, und ich bin sehr müde. Zum Glück ist die Katze in der Nacht nicht mehr im Innenhof. Ich kann gut schlafen - morgen ist ein anstrengender Tag, die Einweihung, da muss ich fit sein ...
07.03.2017
Am Morgen habe ich bereits um 8.00 Uhr die erste Besprechung. Die Leute sind sehr pünktlich, da sie inzwischen wissen, dass ich sonst ein bisschen unangenehm werden kann ... sonst würde ich das Programm auch nicht durchbringen. Heute habe ich am Vormittag jedoch nicht viel vor, nur ein paar Vorbereitungen für die nächsten Tage nach der Besprechung. Ich sitze in der Bar Irlandes, trinke einen Kaffe und schreibe die ersten Berichte. Es sind nicht viele Menschen hier und es tut ganz gut, ein bisschen abzuschalten und in den Berichten das Erlebte zu rekapitulieren.
Am Nachmittag werde ich abgeholt. Heute findet ja die Einweihung der Volksschule statt. Wir fahren ins colegio, es sind inzwischen schon viele Menschen dort, viele Kinder und ihre Eltern. Zuerst wird eine Messe gefeiert, dann erfolgt die Segnung des Gebäudes. Die Schule ist sehr gut gelungen, ich habe sie ja bereits vorher besichtigt. Ich muss dann die Schleife durchtrennen. Vorher aber ist es Brauch, eine oder zwei Flaschen "sidre" am Eingang zu zerschlagen. Ich mache das, ein Knall, und der gute Tropfen spritzt in die Menge, die Flasche in tausend Brocken. Daraufhin ein tosender Applaus. Dasselbe noch einmal auf der anderen Seite des Eingangs. Schade um den guten Sidre. Anschließend wird die Schleife durchgeschnitten und es folgt wieder ein tosender Applaus. Alle besichtigen die Klassenzimmer, die Gänge, die Stiegen ... es sind etwa Tausend anwesend, wenn man alle Kinder und alle Hunde und Katzen dazuzählt.
Danach folgt der zweite Teil mit Ansprachen, Danksagungen und Verleihung von Urkunden. Dazwischen folgen immer wieder Tanzdarbietungen und Gesänge, Flötenspiele mit Panflöte und Gitarre, Gedichte, daneben Fotos mit den jeweiligen Darstellern. Alles dauert Stunden. Mir tut der Rücken weh von dem Plastikstuhl, nur gut, dass ich immer wieder aufstehen und auf die Bühne muss. Die Freude und das Strahlen in den Gesichtern der Kinder und der Eltern überwiegen und lassen meine Kreuzschmerzen ein bisschen vergessen. Auch Hunde und Katzen sind anwesend, auch sie scheinen daran Freude zu haben ...
Es gibt für die Anwesenden ein besonders typisches Gericht vom Schwein, sehr fett und nur beim Anschauen fühl ich mich schon nicht ganz wohl, aber inzwischen weiss ich, wie ich es ablehne, ohne jemanden zu beleidigen. Alle anderen geniessen die Spezialität sichtlich. Ich bin dann noch mit den Professoren und den Leuten von der Politik zu einem Abendessen in unserem "comedor" eingeladen, da gibt es pollo, Reis und ein Glas sidre. Das kann ich essen und trinken ... es schmeckt ganz besonders gut, hier in der von uns gebauten Mensa ...
Erst spät werde ich heimgebracht, bin sehr müde und doch sehr aufgewühlt, sodass ich nicht gleich schlafen kann. Ich bin mit dem Bau zufrieden, sehr zufrieden und ich weiss, dass er voll genützt werden wird. Ich bin stolz darüber, was wir mit den Spenden wieder geschafft haben. Ich würde gern ein bisschen von der Dankbarkeit jedem Spender weitergeben, von der Dankbarkeit, die ich hier erleben darf. Herzlichen Dank!
08.03.2017
Geplant ist heute die Fahrt nach Comarapa. Eigentlich sollte man mich um 8.00 Uhr abholen, doch Daniel kommt erst um 10.00 Uhr, weil er noch etwas beim Auto regeln musste. Seine Frau Katherine fährt auch mit. Die Strasse ist nicht schlecht, es geht recht zügig voran, doch für mein Kreuz ist das nicht das Beste und ich bin froh, dass wir in Samaipata Halt machen. Es ist bereits Tradition, dass ich dort etwas zu Mittag esse, normal im Cafe Latina, doch das hat zu, wie so oft. Die Schwester der Chefin hat nebenan ein Lokal, Cafe 1900, welches offen hat, aber nicht so gemütlich ist, aber es geht. Es gibt pollo a la milanesa … schmeckt sehr gut. Hier auf einer Höhe von 1750 m wächst eine Traube, deren Wein sehr bekömmlich ist. Leider gibt es keinen mehr.
Ich habe noch die Nummer von Silvano vom Cafe Latina, er bringt eine gekühlte Falsche vorbei.
Wir treffen noch eine Familie, die mit uns isst, dann geht es weiter. Die Fahrt ist sehr kurzweilig, da wir über verschiedenste Dinge in Bolivien sprechen. Daniel erzählt mir die Geschichte von Alejandro: Alejandro haben wir eine Arbeit besorgt. Da dieser von seiner Unterkunft bis zur Arbeitsstelle eine weite Strecke zurücklegen muß, leiht ihm Daniel ein Mofa, mit welchem er sich Einiges an Zeit erspart. Eines Tages hatte er mit dem Moped einen Unfall. Eine ältere Dame kommt zu Sturz, bricht sich das Schlüsselbein und den Unterschenkel. Die Polizei kommt, Alejandro hat keinen Führerschein, keinen eingetragenen Aufenthalt, d.h. er wohnt bei der Mutter, das "Haus" ist gemietet, zudem ist er in der Arbeit nicht angemeldet. Wegen Fluchtgefahr wird er ins Gefängnis Palmasola gebracht, das schlimmste Gefängnis der Welt. Er wollte sich das Leben nehmen, weil man diese Situation dort fast nicht aushält! Seine Mutter kann nicht zahlen, er hat auch kein Geld. Wir haben uns um ihn gekümmert, jetzt ist er nach 7 Monaten frei. Über die Art und Weise, wie wir ihn herausgebracht haben, möchte ich lieber nicht berichten. Aber sonst wäre er mit Sicherheit noch einige Jahre drinnen und er ist nur ein Beispiel. Nicht alle halten das aus ...
Wir kommen um 18.30 Uhr an. Die Schwestern vom Konvent erwarten uns schon. Ich bin von der Fahrt ziemlich müde und gehe nach einem kurzen Gespräch und Vereinbarung des Programmes für den nächsten Tag ins Bett. Noch lange höre ich die Hunde draussen bellen, dann schlafe ich endlich ein ...
09.03.2017
Um 7.30 Uhr gibt es Frühstück. Ich trinke einen Kaffee. Um 9.00 Uhr geht es nach Saipina. Franz - der Chauffeur - bringt mich hin und da ist es besser, wenn man nichts im Magen hat. Die Strasse ist holprig, staubig und einmal geht sie durch ein Flussbett, aber der Toyota fährt gut … Nach eineinhalb Stunden kommen wir an. Es ist dort sehr heiß. Sr. Josefine empfängt uns mit grosser Freude. Wir haben dort vor Jahren eine Zahnarztpraxis gebaut, die sehr gut funktioniert. Es gibt gleich wieder etwas zu tun. Wir besuchen eine Familie. Eine Mutter (24 Jahre) liegt auf einer Strohmatratze auf dem Boden in einem Vorraum … zwei kleine Kinder, vier und zwei, hocken daneben, ängstlich wegen des ungewohnten Besuches, daneben ein Mann, der sich offensichtlich um die Frau kümmert. Die Frau abgemagert bis auf die Knochen, gealtert, die Augen eingefallen, grosse Fliegen rundherum, als ob sie den nahenden Tod spüren würden. Nur mit Mühe kann sich die Frau vor ihnen wehren. Die kleine Tochter weht mit einem Tuch und versucht ihr zu helfen, aber es sind zu viele … Sie zeigt mir ihre Wunde am Bauch. Der Dünndarm ist sichtbar, sie hat offensichtlich einen Platzbauch, notdürftig mit einem schmutzigen Tuch abgedeckt. Vor drei Monaten sei ihr der "Blinddarm" entfernt worden, es war angeblich ein Durchbruch. Für morgen hat sie eine Fahrt nach Oruro organisiert, möchte sich dort behandeln lassen. Das ganze schaut nach einer terminalen Krebserkrankung aus, was man ihr wahrscheinlich nicht gesagt hatte? Sie hat kein Geld und kann sich das alles gar nicht leisten. Ich gebe Sr. Josefine Geld, sie kümmert sich um die Frau. Die Fahrt mit dem Micro (ein Kleinbus) dauert etwa 7 Stunden. Ich bin mir nicht sicher, ob sie die Fahrt überlebt. Es kommen immer mehr Fliegen, es riecht nach Tod. Nur die kleinen Kinder zeugen noch von Leben, aber man erkennt auch in ihren Augen eine furchtbare Angst und Traurigkeit. Ich kann das alles fast nicht aushalten.
Wir machen dann noch einige Besuche bei Familien, die wir unterstützen … desolate Zustände, so eine Armut. Angela - ein Mädchen, welches wir unterstützen, damit sie studieren kann - begrüsst uns mit einer herzlichen Umarmung. Als Dank gibt sie mir eine Doppelliterflasche Eigenbau …. Weisswein, abgefüllt in einer "Mendozina"- Flasche, mit einem Plastik und einem Gummiband verschlossen. Ich muss sie gerade halten, sonst rinnt sie aus, es scheint bereits etwas zu gären … Wir fahren dann bald wieder zurück, da am Nachmittag der Besuch in der guarderia geplant ist, die wir vor Jahren gebaut und 2015 erweitert haben, bezahlt von unseren Spendern. Die Kinder freuen sich riesig über den Besuch und strahlen über beide Ohren. Das alles lässt mich für kurze Zeit das vorher Erlebte vergessen.
Um 17.00 Uhr kommt eine Mutter mit ihrem Sohn Alvaro. Er war mir das letzte mal aufgefallen, da er fast immer schlief, zudem hatte er mit damals 5 Jahren immer wieder Anfälle. Wir haben die ganze Diagnostik organisiert. Wie befürchtet hat sich in den Untersuchungen ein Hydrozephalus, ein "Wasserkopf", ergeben. Die Gehirnmasse hat sich durch den Druck auf die Hälfte oder weniger reduziert. Ein Ventil wäre dringend notwendig, doch wegen eines zusätzlichen Herzfehlers ist hier die Operation zu gefährlich. Medikamente können die epileptischen Anfälle zwar reduzieren, doch eine Lösung ist das nicht. Ich möchte ihn am liebsten mitnehmen und daheim operieren lassen, da wäre das kein Problem.
Dann kommt noch die Familie von Cecilia, die ich schon seit einigen Jahren kenne. Sie kommen, weil sie gehört hatten, dass ich da bin. Sie kommen nicht, um eine Unterstützung zu bekommen - sie kommen mit Geschenken, als Dank für die Hilfe vor Jahren. Sie haben Arbeit und können mit dem Erlös ihre Kinder zur Schule schicken. Ich bekomme einen schwarzen Plastikbeutel gefüllt mit Erdbeeren und einen weiteren mit Pfirsichen vom eigenen Garten.
Ein Vorfall verbreitet sich dann im Dorf wie ein Lauffeuer. Eine Jugendgruppe hat ein Schwein gestohlen, geschlachtet, und dann in der Gruppe verzehrt, die Nachbarn dürfen mitessen. Dann kommt jedoch die Besitzerin mit der Polizei, alle sozusagen auf frischer Tat ertappt. Es geht nun darum, wer die Sau gestohlen hatte, und der Dieb muss seine Tat wohl oder übel zugeben. Die Sau kostet 2500 Bolivianos … das können sie natürlich nicht berappen, ist auch bei weitem übertrieben. Normalerweise ist ein Schwein nicht so viel wert. So wird der Dieb abgeführt, er muss ins Gefängnis. Die anderen gehen leer aus, auch derjenige, der dem Schwein den Todesstoss versetzt hatte und die Mitesser … alle gehen frei ...
Wir treffen uns später mit den Schwestern auf einen gemütlichen "Ratscher". Ich bin dann so müde, dass ich die bellenden Hunde gar nicht mehr höre und sofort einschlafe. Morgen geht es weiter nach Cochabamba.
10.03.2017
Um 10.00 Uhr fahren wir weg … Franz fährt, Sr. Cristina begleitet uns. Es beginnt zu regnen. Der Regen verwandelt die Strassen in gefährliche rutschige Wege. Die Sicht ist schlecht und an den Strassenrändern mahnen viele Kreuze an die tödlichen Unfälle der letzten Zeit. Nach etwa drei Stunden Fahrt wird es wieder etwas besser, Teile der Strasse sind betoniert, doch der Regen lässt nicht nach, sodass wir die geplante Pause und Rast in der Halbzeit nicht machen können. Nach 6 Stunden lässt der Regen etwas nach.
Nach ca. 8 Stunden kommen wir in Cochabamba an, dort werden wir bereits erwartet. Es ist bereits Abend und ich bin ziemlich müde. Peter ist bereits am Vormittag in Cochabamba angekommen und hat das Projekt um Marga besucht, sonst wäre sich das alles in der kurzen Zeit nicht ausgegangen. Ich werde mich noch mit ihm treffen, um das weitere Programm zu besprechen. Ich schlafe so gut wie schon lange nicht mehr. Morgen ist ein anstrengender Tag.
11.03.2017
Am Vormittag besuchen wir eine Familie in der Peripherie der Stadt. Das Auto kann nicht ganz bis zum Haus hinfahren, es gibt da keinen Weg. Eine Mutter lebt dort mit vier Kindern und einer 80jährigen Grossmutter. Vor dem Haus ist eine grosse Wasserlacke, das Wasser grün, dementsprechend kreisen viele Mücken. Mich juckt es am ganzen Köper. Im Inneren des Hauses ist nicht besser … es riecht nach Fäkalien und Urin. Ich kann mich nicht lange aufhalten, ich halte es nicht mehr aus. Dabei sieht es in den "Häusern" daneben sicher nicht besser aus. Da weiss man nicht mehr, wo man helfen sollte, und ich bin wieder einmal mehr denn je davon überzeugt, dass wir hier auf lange Sicht nur etwas verbessern können, wenn wir vor allem Schule und Ausbildung unterstützen. Nach einem kurzen Fussweg über Stock und Stein - eines der Kinder zeigt uns den Weg - kommen wir wieder in befahrbares Gebiet. Ein Taxi bringt uns zu den Schwestern, dort sind wird zum Mittagessen eingeladen. Mirtha holt uns dann ab, es geht weiter zum Projekt in Champarancho, wo wir mit Applaus empfangen werden. Wir finanzieren dort das Essen für die ca 100 Kinder und Frauen, das kostet im Jahr etwa 6000 Euro. Die Kinder machen dort Hausaufgaben, bekommen Unterricht … auch die Mütter werden unterrichtet, zuletzt kommen auch ein paar Väter. Es ist ein gutes Projekt. Wir werden - nach Absprache mit dem Rest des Vorstandes - auch im kommenden Jahr helfen.
12.03.2017
Zum Frühstück gibt es frisches Brot mit selbstgemachter Marmelade, dazu Butter (hier immer gesalzen), Tee und ein Glas Saft. Das ist ein Luxus den ich zu schätzen weiss. Um 10.00 Uhr haben wir bei den Schwestern ausgemacht. Dort treffen wir uns mit der Gruppe, den ursprünglichen " brillos". So langsam kommen alle und ich erinnere mich an die Anfänge, kann mich noch an alles erinnern, vor 15 Jahren, als alles begann. Damals hätte ich mir nicht im Traum vorstellen können, dass daraus einmal so etwas entstehen würde … Wir unterhalten uns und reden über die Anfänge. Die Meisten haben Familie, einen Beruf, einige sind an der Uni, machen gerade den Abschluss. Jede/r Einzelne will mit mir unter vier Augen reden, alle haben besondere Wünsche. Die Frauen kochen inzwischen, es gibt " pique macho", ein Gericht mit Fleisch, Gemüse und papas, ein bisschen pikant, aber sehr gut. Ich kann heute nichts essen, aber alle haben Hunger, und es bleibt nichts übrig … insgesamt sind wir 27. So gegen 17.00 Uhr gehen alle so langsam heim und ich bin ziemlich müde. Morgen geht es nach Sucre.
13.03.2017
Einer der "brillos", sollte uns abholen. Er verdient sich seinen Unterhalt zum Teil mit Taxifahrten. Um 8.15 Uhr haben wir ausgemacht, doch er kommt nicht. Wir warten noch bis 8.30 Uhr, doch dann müssen wir ein anderes Taxi rufen. Das mit der Pünktlichkeit ist hier nicht immer so ganz ihres ...
Der Flug nach Sucre, der Hauptstadt von Bolivien, dauert von Cochabamba nur 35 Minuten. Sucre liegt auch ähnlich hoch wie Cochabamba, so um die 2800 m. Das Klima ist aber hier anders. Mit einem Taxi fahren wir dann in unsere Unterkunft, wo wir schon erwartet werden. Es gibt eine Programmänderung, da morgen ein Streik angesagt ist. Deshalb wird die Einweihung der Schule in Yotala auf heute vorverlegt. Wir haben dort eine Schule mit 10 Aulen gebaut.
Zuerst gibt es bei Gaby und Amelia ein köstliches Mittagessen. Dann werden wir nach Yotala gebracht, wo die Vorbereitungen für die Einweihung der Schule stattfinden. Alles ist auf den Beinen, einige hundert Kinder, Eltern und die Professoren. Wir müssen nur noch warten, es ist noch nicht ganz soweit. Dann werden wir, Peter und ich, zum Haupteingang gebracht. Eine Musikkapelle begrüsst uns mit lautem Getöse, Trommeln und Tropeten, Salutschüssen. Die Kinder stehen Spalier und wir werden wie die Helden zum Platz begleitet. Dieser ganze Aufwand ist uns peinlich, doch da müssen wir durch. Alle freuen sich so sehr! Alle Kinder haben eine Fahne aus Papier, einige mit der bolivianischen, andere mit der österreichischen. Dann beginnt der offizielle Akt mit Lobeshymnen und Ansprachen. Auch die Politik ist da und die Kinder applaudieren immer wieder mit lautem Getose. Dann noch ein Tanz, ein Gedicht, Musik. Letztendlich wird uns ein Dokument überreicht, worin uns die Gemeinde als Ehrenbürger auszeichnet. Anschliessend besichtigen wir den Bau, der wirklich gelungen ist. Peter hat das alles allein organisiert und abgewickelt. Diese Schule in Yotala ist sein " Kind", sein Stolz und seine Freude ist nicht zu übersehen. Die Plakette mit unseren Namen müssen wir noch unter tobendem Applaus enthüllen, vorher erfolgt die Durchtrennung der Schleife. Dann noch viele Fotos und grosse Dankbarkeit. Wir sind selbst ganz angetan vom wirklich gelungenen Bau. Neben den Dankesworten klingt immer wieder eine Bitte durch, die geplanten Nasszellen und einen überdachten Sportplatz im angrenzenden Grund zu finanzieren. Wir werden uns diesbezüglich morgen noch mit dem Architekten treffen.
Anschliessend gibt es Essen: einen Teller voll mit Kartoffeln, Gemüse und einem grossen Stück fettem Schweinefleisch … Erst spät sind wir fertif. Am Heimweg kehren wir noch in einem Heim zu, um einen Jugendlichen zu besuchen, den wir über Rosa Maria unterstützen. Er kommt aus einer kinderreichen Familie, der Vater sitzt wegen sexueller Gewalt an seine Frau im Kerker. Diese arbeitet, um die Kinder zu ernähren. Die Sitten hier in diesem Heim sind sehr streng - das wird auch notwendig sein bei 200 Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren. Doch die Jugendlichen scheinen sehr glücklich zu sein.
Anschließend geht es heim in die Unterkunft, ins Kolping … auf einer Anhöhe gelegen, mit herrlichem Blick auf die ganze Stadt. Die Ruhe tut ganz gut, ein bisschen abschalten und verdauen ...
14.03.2017
Das Klima ist hier sehr angenehm - man merkt aber die Höhe, wenn man sich ein bisschen anstrengt. Wir treffen uns bei Gaby und Amelia. Der Architekt ist bereits dort, zeigt uns die Pläne, die wir noch ein bisschen umändern müssen. Doch es scheint wieder ein gutes Projekt zu werden. In ein paar Tagen werden wir den Kostenvoranschlag haben. Vielleicht können wir dann das Geld auftreiben. Es kommt aber in Summe wieder viel zusammen … Hinterher gibt es wieder ein herrliches Mittagessen, später haben wir "frei". Morgen geht es wieder zurück nach Santa Cruz.
15.03.2017
Der neu gebaute Flughafen liegt etwas etwas ausserhalb der Stadt - man fährt ca 45 Minuten - er liegt auf einer Höhe von ca. 2800 Metern. Gleich geht es los. Der Flug dauert wieder nur 35 Minuten. In Santa Cruz werden wir bereits von Daniel, seiner Frau und Sr. Rosa Maria abgeholt. Am Parkplatz steht sein Wagen. Wir steigen ein, dann merkt Daniel, dass eingebrochen wurde. Er hatte kein Geld im Auto, jedoch einige Dokumente in einer schwarzen Tasche, das ist alles weg. Obwohl es nichts nützt, macht Daniel, selbst "abogado", eine Anzeige. Hinterher fahren wir zu den Schwestern, wo es wieder ein gutes Essen gibt. Nachher besprechen wir die gesamten Ausgaben und erhalten die Bestätigungen vom letzen Jahr. Auch die Pläne und die drei Kostenvoranschläge vom geplanten Bau des Kindergartens werden noch einmal durchgesehen. Don Hubert hat den Kostenvoranschlag um ca. 20% heruntergesetzt. Es ist immer noch viel Geld, doch wir geben ihm den Vorzug. Wir haben mit ihm ja schon sehr viel und gute Erfahrung … auch den Bau daneben hatte er gebaut. Nun müssen wir nur noch das Geld auftreiben. Vom Flug, vom Klimaunterschied zwischen Sucre und Santa Cruz - hier ist es sehr heiss und feucht - vom langen besprechen und sitzen, bin ich ko. Wir werden zum Kolping gebracht.
16.03.2017
Gherry holt uns pünktlich ab. Wir fahren hinaus zu der Familie, welcher wir im letzten Jahr ein kleines Haus für eine fünfköpfige Famiile gebaut haben. Der Vater ist verschollen. Die Mutter betreibt eine "tienda", also ein kleines Geschäft für eine Frau, die sich damit ihren Unterhalt und den ihrer Kinder verdient. Etwas weiter weg wohnt eine Familie mit einem behinderten Kind. Wir haben ihnen ein WC gebaut, das alte steht noch, notdürftig mit Blech abgedeckt. Das neue sieht gut aus, eine Dusche gibt es darin auch.
Es beginnt sehr stark zu regnen, die Wegen füllen sich mit Wasser, sodass wir nur noch mit Mühe weiterkommen. Wir besuchen noch eine Familie, denen wir ein Haus mieten. Alle sind daheim, überglücklich! Doch daneben ist alles voll von Blechbaracken, daneben einige etwas bessere Hütten, Schmutz und Armut, ein Gestank von Fäkalien, der Regen spült alles so richtig von den Kanälen heraus. Wir sind froh, wieder in unserer Unterkunft zu sein. Am Abend treffen wir uns wie jedes Jahr in der Casa del Camba, einem Restaurant. Alle von der Gruppe der Studenten die wir unterstützen, sind eingeladen. Jede/r nimmt immer jemand von der Familie oder Nachbarn mit. Es ist immer ein sehr nettes Treffen. Es dauert, bis alle da sind, da spielt eine Stunde oder mehr keine Rolle, eben "a la hora Boliviana" .. Alle freuen sich sehr und essen sich voll, als ob es in den nächsten zwei Wochen nichts mehr zum Essen geben würde, was bei vielen auch zutrifft ...
17.03.2017
Peter wird heute heimfliegen. Er hat mir wieder viel geholfen. „Peter, vielen Dank an dieser Stelle!
Einige kommen, um sich von ihm zu verabschieden. Das ist hier üblich und auch sehr wichtig. Daniel und seine Frau bringen ihn zum Flughafen.
Geplant ist heute der Besuch einiger Familien, alle weit ausserhalb von Santa Cruz, in einer Gegend, wo man es sich nicht vorstellen kann zu wohnen. Die Strassen sind sehr schlecht, vom letzten Regen ausgewaschen, die Brücke wieder eingestürzt. Diese ist angeblich erneut, doch meines Wissens ist das schon lange ein Zustand. Die Kanäle gehen über, grau-braun, übelriechend, überall streunen Hunde und Katzen - alle an Reude erkrankt, abgemagert, voll mit Läusen und Flöhen, aber sie scheinen friedlich zu sein ...
Wir kommen zum "Haus" von Enrique. Er ist Vollwaise und wohnt mit den Grosseltern. Sr. Rosa Maria sagt, er sei immer ernst, traurig, nachdenklich, aber sehr intelligent. Sie hat ihn ausgesucht, damit wir ihn an der Uni unterstützen.
Danach treffen wir Rodrigo. Er wohnt dort mit seiner Mutter und den beiden Schwestern. Einer der Brüder ist bereits seit 2 Jahren in Chile, doch es geht ihm dort nicht besser. Er hat nicht einmal das Geld, um heim zu kommen, möchte angeblich aber nur mehr nach Hause. Rodrigo macht eine Ausbildung für Gastronomie, auch er ist von Sr. Rosa Maria auserwählt.
Ulisse ist der nächste den wir besuchen. Er studiert an der Uni. Dort wo er wohnt, ist nicht ein Haus, sondern eine Barracke, doch alle Anwesenden sind sauber und gepflegt, was man sich beim Anblick der Unterkunft fast nicht vorstellen kann. Er macht heuer Abitur und möchte dann auf die Uni. Er wird von uns unterstützt.
Ismael ist der nächste. Am Eingang liegen verbrauchte Autoreifen, neben Aludosen und Plastik,
dazwischen tummeln sich bis auf Haut und Knochen abgemagerte Hühner. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Eier legen. Beim Eingang kommt uns Rauch entgegen, der Vater zieht sich gerade noch ein Hemd über. Er ist fast blind, nur links sieht er einen Schatten, sagt er. Unter dem Eingang links befinden sich vier Schlafstätten, rechts zwei weitere, vorne ist die Küche. Von dort kommt der Rauch, am Boden ist ein Feuer angemacht, der Boden aus Lehm, die Wände jedoch aus Holz und Blech. Wenn das alles Feuer fängt, würde es mich nicht wundern. Der Vater kocht "majadito", ein köstliches Reisgericht. Dahinter ist ein Innenhof, alles liegt am Boden herum, links noch eine Bude, darin sieht man drei Kinder. Sr Rosa Maria hat beschlossen, ihnen zu helfen. Ich bin unendlich froh, dass ich das nicht selbst aussuchen muss, ich wüsste nicht wo anfangen. Daneben, 20 m, das gleiche Elend.
Es ist inzwischen bereits spät und ich bin ziemlich müde … nicht nur wegen der sommerlichen Temperatur, sondern viel mehr wegen der Eindrücke, die man nur schwer verdauen kann. Am Abend ziehe ich mich zurück, ich brauche ein bisschen, um mich zu fangen. Später wäre ich zu einem Abendessen eingeladen, doch mir ist nicht danach. Ich gönne mir ein kleines Bier, das tut gut.
18.03.2017
Heute ist Samstag und ein Treffen mit den Jugendlichen im "colegio" geplant, das übliche Pizzaessen mit einer kurzen Veranstaltung und dem Verteilen der mitgebrachten Geschenke, die ich nur mit Mühe durch den Zoll bringen konnte. Alle freuen sich bereits jetzt riesig. Vorher muss ich noch die Zutaten für die Pizza einkaufen. Daniel kommt mich abholen, drei der Gruppe helfen und wir fahren zum IC- norte, ein Einkaufszentrum. Wir brauchen Mehl, Hefe, Tomaten, Wurst, Käse und vieles mehr. Ich möchte die Tomatensauce selber machen - es gibt hier ja gute Tomaten - und wenn sie gekocht sind, kann ja nichts passieren. Zur Sicherheit nehme ich dann doch noch ein paar Dosen mit geschälten Tomaten mit, falls es nicht gelingen sollte, was sich noch als richtig herausstellen sollte. Wir fahren mit dem Eingekauften zum colegio, einige der Köchinnen sind bereits da, auch einige Jugendliche, die uns herzlich empfangen. Der Besuch hatte sich bereits herumgesprochen, vor allem aber die Nachricht, dass es heute Pizza gibt. Ich möchte nicht wieder, wie beim letzten Mal, zu wenig haben. Wir beginnen sofort. Zunächst fangen wir mit dem Teigan. Ich knete jeweils die Masse für 1 kg Mehl, insgesamt sind es dann 8 kg. Das sollte doch genug sein. Der Käse, die Wurst und alles, was wir eingekauft haben wird geschnitten. Dutzende Hände helfen. Bei der Temperatur geht der Teig gut auf und wir können dann gleich mit dem Belegen des Teiges fortfahren. Das machen sie alles selbst. Alles kommt drauf, dazu noch eine große Menge choclo, das ist Mais und gehört einfach immer dazu. Alle probieren immer wieder von der Wurst und dem Käse ... Die selbstgemachte Tomatensauce gelingt gut, ist eine riesige Menge, doch zuletzt reicht es nicht aus, um alles zu belegen. So bin ich froh, dass ich zusätzlich noch einige Dosen Tomatensauce mitgenommen hatte, der Käse geht auch aus. Dann wird halt das noch draufgegeben, was übrig ist. Das müsste doch reichen, doch es sind ja mehr als 90 gekommen. Es riecht bereits umwerfend … zuletzt bleibt nichts mehr übrig.
Die Gruppe führt Tänze auf, singt und spielt, Gedichte werden vorgetragen, Geschenke verteilt. Alle freuen sich und ich merke, dass man für kurze Zeit alles Elend vergisst. Der trübe Alltag tritt in den Hintergrund und es ist unglaublich, wie die Menschen hier diese Tristess verdrängen können. Auch mir gelingt es für diesen Moment und schon dafür hat sich meine Reise gelohnt. Erst spät komme ich heim und schlafe wie ein Baby.
19.03.2017
Heute ist Vatertag, das ist hier ein wichtiger Tag, was auch ich zu spüren bekomme. Bereits um 8.00 Uhr bekomme ich Besuch von der Gruppe, dabei wollte ich vor dem Heimflug noch ein bisschen ausruhen, doch das ist mir nicht gegönnt, es geht so dahin den ganzen Tag. Um 18.00 Uhr ist noch ein Treffen mit Sr Rosa Maria geplant, um einige Dinge noch zu besprechen, bezüglich der Gruppe, der zukünftigen Projekte und um einfach wieder alles abzuschliessen. Wir werden ja im Oktober wieder kommen, da werden mich Gerlinde, Anita, Josef, Peter und Marco begleiten. Ich habe bereits einige Dinge vorbereitet, das wird spannend.
Ich wollte allen Wohltätern und Spendern wie sonst jedes Jahr eine Karte schreiben, doch ich schaffe das heuer in dieser kurzen Zeit nicht und möchte mich auf diese Weise bei ihnen ganz herzlich bedanken. Nicht nur für die finanzielle, sondern mindestens gleich viel für die mentale Unterstützung. Ohne Sie wäre das alles nicht möglich! Ich kann Ihnen sagen, nicht nur einmal kommen mir Gedanken der Unsicherheit, der Frage, was das alles soll, auch der Angst und der Hilflosigkeit angesichts der sehr oft unmenschlichen Bedingungen. Doch immer wieder überwiegt das Positive, das Strahlen und Glänzen in den Augen der Kinder. Die Dankbarkeit der Menschen hier wiegt alles Negative auf. Mir wird dann letztendlich immer wieder klar: Es ist gut so, wie es ist. Ich bin dankbar, das alles erleben zu dürfen und dankbar, Menschen hinter mir zu haben, die mich so sehr unterstützen: Gerlinde, Anita, Peter, Marco, und all die anderen vielen Engel.
Muchas gracias!!
Morgen geht es nach zwei Wochen wieder nach Hause, mit vielen Erlebnissen, Eindrücken und Erfahrungen im Gepäck, mit sehr vielen Geschichten vom wirklichen Leben, traurigen aber auch fröhlichen. Ich freue mich so sehr auf daheim. Der Marillenbaum auf meiner Terrasse ist angeblich in voller Blüte ...